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Dipl. Biologin Alexandra Hoesch

Wie lässt sich die Wasserqualität von stehenden und fließenden Gewässern langfristig durch
Biomanipulation mit Unterwasserpflanzen verbessern?

Renaturierung von Flachseen durch gezielte Makrophytenbesiedlung

Einleitung
Die Wasserqualität von stehenden und fließenden Gewässern kann langfristig durch Biomanipulation mit Unterwasserpflanzen verbessert werden.

Als Leiterin einer Tauchgruppe arbeite ich seit 1993 im Bereich `Makrophyten´. Nach meinem Studienabschluß 1991 nahm ich an mehreren Seenkartierungen in Bayern teil und machte mich 1993 mit der Gründung des Büros Aquarius selbstständig. Bis 1996 kartierten wir 60 Seen in Brandenburg u.a. den Gr. Wummsee, Schermützelsee und Gr. Gollinsee. Seit 1997 sind die Kartierungsaufträge in den Hintergrund getreten und das Tauchteam beschäftigt sich hauptsächlich mit dem aktuellen Thema der Gewässerrenaturierung durch Makrophyten und unterstützenden Biomanipulationen und deren Dokumentation.

I. Was bewirken Makrophyten in einem Gewässer

  • Makrophyten filtern Schweb- und Nährstoffe aus dem Wasser und tragen dadurch zur Gewässerklärung bei.
  • Grundsätzlich versorgen sie den Wasserkörper und das Substrat mit Sauerstoff.
  • Sie decken das Substrat ab und verringern Aufwirbelungen.
  • Sie strukturieren den Uferbereich und bilden Lebensraum für die verschiedenen Wasserorganismen.
  • Makrophyten können unerwünschte Blau- und Grünalgen verdrängen.

1. Makrophyten als Filter

Unterwasserpflanzen ragen teilweise mehrere Meter weit in den Wasserkörper hinein. Sie sind durchwegs in der Lage über den Sproß Nährstoffe aus dem Wasser aufzunehmen (FOREST ?). Die mit den Makrophyten um die gelösten Nährstoffe in Konkurrenz stehenden Phytoplankter werden durch die Anwesenheit von Makrophyten in ihrem Wachstum eingeschränkt. Die Verringerung der zum großen Teil für die Trübung eines Wassers verantwortlichen Phytoplankter führt zur Klärung des Wassers. An denen wie ein Filter wirkenden Makrophyten lagern sich Schwebstoffe an. Die Folge ist auch hier ein Klärung des Wassers.

Unterstützt oder initiiert kann eine Klärung des Wassers durch Raubfischbesatz werden. Dieser Zusammenhang wird durch die Nahrungskette im Gewässer klar: Raubfische, wie Hechte, Zander und Forellen fressen Weißfische, die sich wiederum von den millimetergroßen Kleinkrebsen, Rädertierchen und Insektenlarven, dem sogenannten Zooplankton ernähren. Das Zooplankton ernährt sich vom Phytoplankton. Zu viele dieser mikroskopisch kleinen im Wasserkörper schwebenden Algen trüben das Wasser grünlich bis bräunlich und verringern die Eindringtiefe des Lichtes. Der Zusammenhang zwischen Höhe des Raubfischbesatzes und Klarheit des Wassers besteht also in der Regel. In einem durch Raubfischbesatz biomanipulierten Gewässer, können sich Makrophyten ansiedeln, die zu einer weiteren Klärung des Wassers führen.

2. Makrophyten als Sauerstofflieferanten für Wasser und Substrat

Die Unterwasservegetation versorgt das Wasser mit Sauerstoff. Diese O2-Produktion wirkt sich stabilisierend auf das Substrat aus, da unter Anwesenheit von ausreichend Sauerstoff die Rücklösungsprozesse von Phosphaten aus dem Sediment unterbunden werden.

Die Kompensationstiefe eines Gewässers kann durch Makrophyten erhöht werden und dadurch wird das Gewässer zu einem besseren Lebensraum für Fische und andere Wasserorganismen.
Natürlich kann es durch Makrophyten auch zu erhöhten Zehrungsprozessen kommen. Speziell im Herbst und Winter kann es bei einem Makrophyten dominierten Flachsee zu gravierenden Fischsterben kommen, da die absterbende Biomasse dem Wasser zusätzlich Sauerstoff entzieht. Verschlimmert können solche Zustände noch durch Eis- und Schneebedeckung des Gewässers werden.

Deswegen ist bei einer Biomanipulation mit Makrophyten die Auswahl der Arten entscheidend. Am besten eignen sich verschiedene Arten der Characeen, da sie größtenteils im Winter nicht absterben und es dadurch zu Zehrungsprozessen zu Ende der Vegetationsperiode nicht kommt.

Dabei ist aber zu beachten, daß Characeen größtenteils gering belastetes Wasser als Lebensraum benötigen. Nicht umsonst wurden ihnen im Makrophytenindex die niedrigsten Indikatorwerte zugewiesen. Aber es gibt auch einige Arten, die belastungstolerant sind, wie z.B. Chara fragilis, Chara contraria und Nitella flexilis.

Es wurden aber erstaunliche Erfahrungen mit Chara intermedia gemacht, die laut Index gering belastetes Wasser anzeigt. Sie wurde in ein von landwirtschaftlichen Einträgen belastetes 4,5 m tiefes Gewässer eingesetzt, daß extrem unter Grünalgenblüten der Gattung Spirogyra litt. Zwei Jahre später war die Characeae in flächendeckenden Beständen ab einer Tiefe von 3 m zu finden.

Dieser Umstand ist von Interesse, da sich zeigte, daß Makrophyten auch in Gewässern vitale Bestände bilden können, die mehrere Trophiestufen über den laut Makrophytenindex zugewiesenen Indikatorwerten der jeweiligen Art liegen.

3. Makrophyten als Abdeckung des Substrats


Makrophyten, speziell die Characeen bilden ausgedehnte Unterwasseerrasen, die wie ein Teppich das Substrat abdecken. Da sie, wie schon erwähnt, den Winter überdauern, wird das Sediment optimal abgedeckt und vor Auswirbelungen geschützt.

4. Makrophyten als Lebensraum für Unterwassergesellschaften

Besonders Jungfische sind sehr an den Schutz der Unterwasservegetation gebunden, da sie sich hier vor Fressfeinden, wie zum Beispiel größeren Raubfischen oder Kormoranen, schützen und verstecken können.

5. Makrophyten als Konkurrenten zu Blau- und Grünalgen

Characeen sind zum Teil Schwachlichtpflanzen und können noch in Wassertiefen mit den entsprechenden Lichtverhältnissen wachsen, die um 30% über der mit der Secchi-Scheibe gemessenen Sichttiefe liegen (Hoesch & Buhle 1996). Unter dieser Kompensationsgrenze herrscht nur noch Dämmerlicht und entsprechend verödete Unterwasserlandschaften vor.


II. Renaturierungserfolge


Vor der Einbringung von submerser Vegetation kann es nötig sein, das Substrat zu bearbeiten, damit die Pflanzen gute Anwuchsbedingungen vorfinden. Dies kann durch Ausbaggerung oder Sommerung von Weihern, Kalkung oder Abdeckung des Sedimentes mit lichtdichten Planen erfolgen, die eine bestehende, unerwünschte Substratbesiedlung verschwinden lassen.

1. Steinhöringer Badesee:
So wurden im Landkreis Ebersberg in Oberbayern im sogenannten Steinhöringer Badesee lichtdichte Planen unterwasser ausgelegt und mit Steinen befestigt, um die fädigen Grünalgen zu eliminieren. Diese Grünalgen zeichnen sich dadurch aus, dass sie wurzellos sind und je nach Wetterlage sich am Gewässergrund oder an der Wasseroberfläche befinden. Die gerade bei schönen Wetter erhöhte Sauerstoffbildung lässt diese amorphen Algenstrukturen an die Wasseroberfläche steigen und den Badebetrieb belästigen.

Ein Jahr nach der Planeneinbringung sind die fädigen Grünalgen im Badesee so gut wie verschwunden. Die Planen wurden entfernt und der unbewachsene kiesig, sandige Boden kam zum Vorschein. Da die Planen nur locker auf dem Substrat aufliegen, können Mineralisierungsvorgänge ungehindert ablaufen. Als nächster Sanierungsschritt wurden Characeen eingebracht, die den Gewässegrund besiedeln und die Wasserqualität verbessern sollen.

Da Characeen absinken, können sie direkt eingebracht werden, sofern keine Verdriftungen durch Strömungen oder Wellenschlag im Besiedlungsbereich auftreten. Als unterstützende wasserklärende Maßnahme wurden ein Zentner Seesaibling eingesetzt, um die planktonfressenden Kleinfischen, wie Elritzen und Lauben, zu dezimieren.

2. Weißenstädter See:
Die Einbringung der Makrophyten kann durch unterschiedliche Methoden erfolgen, die auf die Pflanzenart und die Gewässerstruktur abgestimmt sein müssen. Bei der Einbringung von Blütenpflanzensprossen sollte das Material mit Netzen oder Matten auf den Gewässergrund fixiert werden, da diese leichter als Wasser sind und ohne Bodenkontakt nicht anwachsen können. Mit dem Einbringen von Netzen sind im Weißenstädter See im Fichtelgebirge bereits gute Erfahrungen gemacht worden.

Eine Vorraussetzung für dieses Vorgehen ist jedoch, dass das Gewässer teilweise oder ganz ablassbar ist, denn die Netze können nicht unterwasser ausgelegt werden. Dann müssten Taucher eingesetzt werden und der Aufwand wäre hierfür zu groß.

Die Makrophytenpflanzungen im Weißenstädter See fanden im April 04 entlang der steigenden Wasserlinie statt, damit die Pflanzen nicht austrocknen. Ein erschwerender Umstand bei der Besiedlung des Weißenstädter Sees war, dass aufgrund des geringen Kalkgehaltes des Wassers, starke pH-Schwankungen von 5 bis 8,5 auftraten und das Wasser zudem nährstoffreich ist. Die Mehrzahl der submersen Arten besonders der Characeen sind kalkliebend, und viele der Arten, die im kalkarmen Wassers zuhause sind, brauchen nährstoffarmes Wasser.

Oben nachfolgend erwähnte Arten sind die Ausnahmen: sie vertragen sowohl Kalkarmut als auch eine gewisse Eutrophierung. Diese Arten wurden aus umliegenden Gewässern in den See einbracht und mit Netzen und Kalksteinen am Gewässergrund befestigt:

Eleocharis acicularis
Nitella flexilis
Potamogeton berchtoldii
Ranunculus flammula
Ranunculus trichophyllus
Elodea nuttallii

Die Rhizome und teilweise aus Rhizomen im Aquarium vorgezogene Sprosse der folgenden Arten wurden eingegraben :
Potamogeton alpinus
Potamogeton natans
Potamogeton obtusifolius
Polygonum amphibium
Nuphar lutea

Damit die Unterwasserpflanzen im in der Tiefe von 0,4 m bis 1,4 m wachsen können, mußte die Wassertransparenz, die bislang unter einem halben Meter lag, erhöht werden. Die erhöhte Wassertransparenz wurde durch den erhöhten Besatz von Zandern erreicht. Die bisherige Fischfauna des Weißenstädter Sees bestand hauptsächlich aus Karpfen, Weißfischen, Kaulbarschen, Zandern und Hechten. Wie bereits ausgeführt tragen Weißfische zur Trübung eines Gewässer bei. Aber auch Karpfen verringern die Wassertransparenz, indem sie im Substrat nach Nahrung wühlen. Dadurch trüben sie das Wasser und reichern es zusätzlich mit schon abgesetzten Nährstoffen an.

Die Nährstoffe treiben im Wasser wiederum das Wachstum der wassertrübenden phytoplanktischen Algen an. Der Weißenstädter See wurde im Oktober 2003 abgelassen und anschließend gewintert. Die abgefischten Zander wurden größtenteils den Winter über in umliegenden Teichen gehaltert und im April 2004 wieder in den Weißenstädter See eingesetzt. Um dem Zander im Frühjahr 04 zum Ablaichen zu bringen, wurden Zanderablaichhilfen in den See eingebracht. 100 dieser mit Steinen beschwerten Kiefernzweigbündel wurden in einer ruhigen Bucht in die der Hirtenbach mündet, ausgesetzt. Wie die Ergebnisse des zuständigen Fischereibiologen zeigten, haben die Zander die Ablaichhilfen angenommen, da Ende Mai bereits Zanderbrut im Weißenstädter See besonders im Bereich der erwähnten Bucht zu finden war. Einige Exemplare wurden in eine Fischzuchtanstalt gegeben, um dort autochtonen Zandernachwuchs heranzuziehen.

Im Juni wurden 30 000 3 bis 5 cm große Zandersetzlinge in den See eingebracht. Auch die Karpfen wurden teilweise den Winter über in Teichen untergebracht und im April wieder in den Weißenstädter See eingesetzt. Es wurden auch zusätzlich noch Karpfen nachgesetzt, insgesamt liegt der Karpfenbesatz aber unter dem des Vorjahres. Die Kartierungsergebnisse vom Juni 2004 zeigten eine gutes Anwachs- und Ausbreitungsergebnis der Pflanzungen vom April 2004. Selbst unter der Pflanzungsgrenze von 1,4 m sind noch Unterwasserblätter von Scirpus lacustris und die Armleuchteralge Nitella flexilis zu finden, die sich dort spontan angesiedelt haben.

Die absolute Makrophytengrenze liegt bei 1,9m. Die Bedenken, dass die Karpfen die jungen Pflänzchen einerseits fressen könnten, andererseits ihre im Substrat wühlende Aktivität das Wasser soweit trüben könnte, dass die Makrophyten in ihrem Wachstum behindert werden, wurden nicht bestätigt. Die Autorin hat während einer Kontrollfahrt beobachtet, dass sich die Karpfen hauptsächlich neben den Netzen aufhalten. Anscheinend hält die Netzstruktur die Karpfen vom Wühlen ab. Im Flachwasserbereich bis 0,4 m Tiefe sind die Unterwasserpflanzen mit einer Gesamtdeckung von 10 bis 15% im Abschnitt 1, der sich vom Hirtenbach südlich bis über den Steg hinaus erstreckt, und mit 15 – 20% im Abschnitt 2, der vom Ende der Surfzone bis zum Egereinlauf reicht, jedoch nur spärlich vorhanden.

Dieser Umstand hängt wahrscheinlich mit dem Wellenschlag im Flachwasserbereich und der Blaualgenblüte zusammen, die im Juni hier auftrat. Die bräunlichgefärbten Blaualgen überziehen die Pflanzen und rauben ihnen damit das Licht. Die Blaualgen treten immer bei hohen Nährstoffsituationen auf. Im Einlauf des Hirtenbach haben im April 04 Baggerungen zur Aufweitung des Mündungsgebietes stattgefunden. Diese Maßnahmen bewirken natürlicherweise Ausschwemmungen von Nährstoffen, die für die Blaualgenblüte mit verantwortlich sein können. Im Tiefenbereich vom 0,4 bis 1,4 m sind die Blaualgen etwas weniger vertreten, belasten aber auch hier die Unterwasserpflanzen.

In dieser Tiefenstufe treten höhere Deckungsgrade der Unterwasservegetation von um die 40% auf. Wenn sich die Sichtverhältnisse jedoch über den Zeitraum von einem Monat und mehr verschlechtern sollten, kann der Makrophytenbestand in den nicht mehr ausreichend durchlichteten Bereichen absterben.

3. Kemptner Seen:


Dennoch kommt es durch Makrophyten auch immer wieder zu Problemen, wie z.B. das Zuwachsen von Flachseen sowie Fließgewässern oder Zehrungsprozesse im Herbst und Winter durch die absterbenden Sprosse.

Bei den Sanierungsarbeiten des Landesamtes für Wasserwirtschaft in den Seen und Weihern um Kempten im Allgäu, kam es im Falle des Bachtelweihers aufgrund einer Fischbiomanipulation zu einem derartigen Makrophytenwachstum, dass die Gemeinde und die Freizeitgäste unzufrieden sind, weil der Badebetrieb dadurch gestört wird.

Der maximal 1,5 m tiefe Weiher ist teilweise bis zur Oberfläche mit Laichkräutern zugewachsen. Deswegen ist es besonders wichtig bei Biomanipulationen die richtige Auswahl der Pflanzenarten vorzunehmen. Bei Badegewässern eignen sich nur niedrig wüchsige Arten, die Wuchshöhen unter 70 cm haben. Da es kaum Blütenpflanzen gibt, die diesem Anspruch genügen, muß man hauptsächlich auf Armleuchteralgen zurückgreifen, die jedoch zum größten Teil nährstoffarmes Wasser als Lebensraum bevorzugen.

Die Untersuchungen im Unteren Inselsee sollen Aufschlüsse über die Eignung verschiedener Substrate als Makrophytenstandort geben. Hier ist es auffällig, dass an einigen Stellen der Makrophytenbestand gut und üppig ausgeprägt ist, an sich aber direkt anschließenden Bereichen keine Pflanzen finden. Dafür werden an ausgewählten Stellen Makrophyten ausgebracht und das Wachstumsverhalten bis 2006 dokumentiert.

Eine mögliche Erklärung könnte sein, daß teilweise an den unbewachsen Stellen kugelige Grünalgen das Substrat abdecken und es wäre möglich, dass diese Algen das Hochkommen anderer Vegetation verhindern. So wie eine dichte Unterwasservegetation das Wachstum von fädigen Grünalgen und Blaualgen unterdrücken kann, da sie einerseits die unerwünschten Algen durch die Ausscheidung von wachstumshemmenden Substanzen zurückdrängen, andererseits mit diesen in Konkurrenz um das Licht und Platz treten, so kann dieser Prozeß auch umgekehrt ablaufen.

Am Unteren Inselsee werden auch zum erstenmal die sich noch in Fertigung befindlichen submersen Textilmatten, die vorher mit Makrophyten besetzt werden, ausgebracht. Diese Matten haben den Vorteil, dass sie schwerer sind als Wasser und sich deswegen zur Besiedlung von nichtablassbaren Gewässern eignen sollen. Zudem sollen die Matten fast lichtdicht sein und so die vorhandene unerwünschte Vegetation, wie z.B. Blaualgen oder fädige Grünalgen, abtöten.